2018-06-22
Die pathologisch/amnestische Interpretation der Flüchtlingskrise von Politkern und Medien:
»Sie suggeriert ein bis dato unschuldiges Europa, das von Ausländerhorden heimgesucht wurde, mit denen es eigentlich nur wenig zu tun hat.« (Daniel Trilling)
Der größte politische Gegenwarts-Skandal ist die Zerstörung des Nahen Ostens, insbesondere die Zerstörung Syriens, die der Welt mehr als 10 Millionen Flüchtlinge und Hundertausende Tote bescherte. – Und die Migranten, über die wir uns seit 2015 unterhalten, sind die Vertriebenen dieses grauenvollen Verbrechens, an dem der „Westen“ einschließlich der europäischen Nationen seinen signifikanten Anteil hat.
Der Krieg in Syrien hat etwa die Hälfte der Bevölkerung zur Flucht gezwungen. Über sechs Millionen Syrer sind im eigenen Land vertrieben. 5,6 Millionen syrische Flüchtlinge hat UNHCR bisher in den Nachbarländern Jordanien, Libanon, Irak, Türkei und Nordafrika registriert. Etwa die Hälfte von ihnen sind Kinder. Viele mussten miterleben, wie Familienangehörige oder Freunde getötet wurden. Die meisten der Flüchtlinge und Binnenvertriebene leben in extremer Armut und dringend auf Hilfe angewiesen.
Die Migranten, wie wir sie verniedlichend nennen, sind also Opfer abscheulicher Politik auch der EU-Staaten, die hierfür nach dem Verursacherprinzip gerade zu stehen haben. Insofern unterstütze ich Frau Merkels Absicht, gemeinsam mit den anderen Europäern eine europäische Verantwortung zu organisieren. Ich bin mir klar darüber, dass sie grandios scheitern wird, wie sie 2015 ja eindrucksvoll vor Augengeführt bekam, als ihr aus EU und Deutschland geballter politischer Widerstand entgegenschlug.
Die Abscheulichkeiten der EU-Staaten bestehen nicht nur darin, dass sie diesen Menschen die Heimat zerstört haben, sondern ihnen darüber hinaus auch noch die Türen zuschlagen und Zäume errichten, wenn sie als Flüchtlinge hilfesuchend bei Ihnen anklopfen.
Den „politischen Hochkarätern“ (wie Rebecca Harms sie gerne elitär nennt) haftet der Dreck ihrer eigenen Zerstörungshandlungen, mit denen sie Millionen Menschen zu Opfern und Flüchtlingen gemacht haben, noch an. Sie haben »ein waffenstarrendes Dominanzsystem, das den Rest der Welt zum Objekt einer wirtschaftlichen und moralischen Ausbeutungsmaschine machte« (Jacob Augstein), geschaffen.
In dieser Hinsicht stelle ich insbesondere die vier Visegrad-Staaten Ungarn, Polen, Tschechien, Slowakei, die erklärtermaßen keine Flüchtlinge aufnehmen und am kommenden Minigipfel nicht teilnehmen werden, an den Pranger. Sie haben sich sowohl 2003 an der Coalition Of The Willing beteiligt, wie danach auch an der Internationalen Allianz gegen den Islamischen Staat seit 2014, um den Nahen Osten zu zerstören.
In diesem Zusammenhang auch noch eine Bemerkung zu Bundeskanzlerin Merkel. Sie (wie auch andere unserer „Hochkaräter“ unter den Politikern) spricht so gerne davon, die Fluchtursachen zu bekämpfen und ignoriert doch ihre eigene Beteiligung an den verkommenen völkerrechtswidrigen Zerstörungshandlungen der Internationalen Allianz gegen den Islamischen Staat seit September 2014, bei dem Deutschland auch noch zu den Gründungsmitgliedern gehört und die Zielkoordinaten für die zerstörerischen und tödlichen Bombenabwürfe liefert.
Sie geht augenblicklich mal wieder ihrer Lieblingsbeschäftigung, nämlich der Außenpolitik, nach und besucht in der entsprechenden Absicht, „Fluchtursachen zu bekämpfen“, soeben Jordanien und Libanon. Sie hat Sorge, dass sich die dortigen Flüchtlinge auf den Weg nach Europa machen.
Jordanien: Beim UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR sind dort 750 000 Schutzsuchende registriert, davon 650 000 Syrer. Laut der Regierung in Amman leben aber insgesamt 1,3 bis 1,4 Millionen Syrer in Jordanien, das insgesamt etwa 9,5 Millionen Einwohner zählt.
In Libanon leben 998 000 beim UNHCR registrierte Flüchtlinge aus Syrien, ihre tatsächliche Zahl dürfte bei 1,5 Millionen liegen - bei etwa vier Millionen Libanesen.
Es geht beim Jordanien- und Libanonbesuch der Kanzlerin also – wie hier in Deutschland und Europa auch – immer noch um vertriebene Syrer, was in der Debatte ganz ausdrücklich nicht erwähnt wird. – Diese vertriebenen Syrer also, die u. a. Europa auf dem Kerbholz hat.
So verhält es sich auch mit syrischen Flüchtlingen in Ägypten: Hier waren im September 2016 insgesamt 190 486 Flüchtlinge offiziell registriert. 117 350 davon stammen aus Syrien. Insgesamt sollen sich rund 250 000 Geflüchtete aus Syrien in Ägypten aufhalten.
Und was tun Politik und Medien, was tut auch Frau Merkel:
Sie suggerieren ein bis dato unschuldiges Europa, das von Ausländerhorden heimgesucht wurde, mit denen es eigentlich nur wenig zu tun hat.
Admin - 16:27:23 @